
ANTINOUS - ... a romance in ancient Rome
- Antinous – die Muse des Kaisers
- geliebt und vergöttert
- nach seinem Tod wurde er zum Gott erklärt
- ertrunken im Nil
.
Zu Lebzeiten war der Jüngling der Geliebte des Kaisers Hadrian,
nach seinem Tod der letzte Gott der Römer.
Es sollte eine vergnügliche Nilfahrt werden – endete aber im Unheil. An Bord einer Barke war der römische Kaiser Hadrian den Fluss hinabgefahren. Getaucht in Wüstenlicht, zog das Schiff an einer bezaubernden Tempelkulisse vorbei.
Plötzlich, in Höhe der mittelägyptischen Stadt Besa, ging ein Mitfahrer, etwa 20 Jahre alt, über Bord und verschwand in den Fluten.

Antinous… die letzte Götterschöpfung der Antike…
the last of the Roman gods
Der Tod des Antinoos im Oktober 130 nach Christus stürzte den Kaiser in Verzweiflung. Anfangs, heißt es, weinte er „wie ein Weib“. Dann trat er einen obsessiven Erinnerungskult los. „Auf der ganzen Welt“, so ein Zeitzeuge, ließ er Abbilder seines Freundes aufstellen. Künstler fertigten Münzporträts, Büsten aus Alabaster, Marmor und Bronze. Knapp hundert Skulpturen sind erhalten. Oft zeigen sie Antinoos mit gesenktem Blick und Locken. Der Klassikkenner Johann Joachim Winckelmann sah darin die „Krone der Kunst“. Sogar zu den Unsterblichen hob Hadrian den Jungen empor. Dutzende Tempel wurden ihm geweiht. Antinoos war die letzte Götterschöpfung der Antike.
Was verband die beiden Männer?
Unendlicher Schmerz und Trauer überkamen den Kaiser, aber auch Hass. Die Forscher rätseln, warum sich seine Verbitterung vor allem auf die Juden richtete, die er mit schlimmen Strafen belegte und aus Jerusalem verbannte – Beginn eines fast 2000-jährigen Lebens in der Diaspora.
Was verband, was zerriss die beiden Männer? Offiziell kam eine Legende in Umlauf: Danach opferte sich Antinoos, weil eine Wahrsagerin ihm prophezeit hatte, die von ihm eingesparte Lebenszeit werde dem Kaiser zugeschlagen. Wäre ein edlerer Grund zu sterben denkbar? Schon früh verglich man den Jungen deshalb mit Jesus Christus. Aber auch von Mord und Unzucht war die Rede. Kirchenväter nannten den Jungen einen Buhlknaben, der womöglich im Zuge von Sexualorgien im Suff über Bord gegangen sei. Nun ist ein Konterfei des Toten unter den Hammer gekommen. Am 7. Dezember versteigerte Sotheby’s in New York eine gelbliche Marmorbüste des Antinoos. Entdeckt wurde sie in Syrien. Von dort gelangte sie über Umwege in die Sammlung des US-Reichen Clarence Day. Der Wert wurde auf „zwei bis drei Millionen Dollar“ beziffert – fast 24 Millionen brachte sie dem Aktionshaus ein. Das Besondere: Es ist die einzige Figur, die im Sockel die Aufschrift „Antinoos“ trägt.
Um 122 nach Christus, während einer Reise ins Schwarzmeergebiet, war der Kaiser diesem Antlitz erstmals begegnet. Der Junge, damals etwa zwölf Jahre alt, folgte ihm zur Ausbildung als Page in die höfische Schule in Rom.
Griechischer Vollbart – Gunstzeichen an die Knabenliebe
Unschwer erkennbar trieb Hadrian dabei ein homoerotisches Verlangen. Zu seiner Gattin hielt er Distanz, die Ehe blieb kinderlos. Zudem trug er als erster Regent des Imperiums einen – typisch griechischen – Vollbart. Viele Forscher sehen darin ein Gunstzeichen an das Volk der Hellenen und deren heikelste Gepflogenheit: die Knabenliebe. Die Römer kamen mit der Mischung aus Mentorentum, väterlicher Zuneigung und sexueller Belästigung von Teenagern kaum zurecht. Einige Herrscher ließen Schwule kastrieren oder zum Gespött des Pöbels auf Kamele schnallen. Erstaunlich viele andere Herrscher aber gaben sich selbst gleichgeschlechtlichen Vergnügungen hin. Von Nero weiß man, dass er eine Männerhochzeit feierte – mit Brautschleier, Mitgift und ehelichem Beilager. Tiberius liebte Tänzer. Kaiser Elagabal (218 bis 222 nach Christus) besorgte sich einen Athleten mit übergroßen Genitalien aus Asien.
Dagegen wirkt Hadrian feinsinnig und maßvoll. Herrliche Architekturstücke – darunter die Kuppel des Pantheons – gehen auf sein Konto. Bald nahm er den Jungen mit auf Reisen. In Libyen, bei der Raubtierjagd, rettete er ihn vor dem Angriff eines Löwen. Ihr Intimleben schirmten die beiden streng ab. Auch später plauderte kein Zeuge. Zum Tod seines Begleiters meinte der Kaiser nur wortkarg: „Antinoos fiel in den Nil.“ Zwar finden in Hadrians Alterssitz östlich von Rom derzeit Ausgrabungen statt. Der Kaiser hatte die gewaltige Palastanlage mit Erinnerungsstücken seines Lieblings vollgestellt. Doch nach einem Hinweis, der den antiken Kriminalfall klären könnte, sucht man bislang vergebens. So bleibt nur ein Verdacht: Womöglich erlag der Knabe weder Attentat noch Unfall, sondern suchte schlicht den Freitod, weil er die sexuelle Nötigung nicht mehr aushielt. Ein ähnliches Drama ist von Kaiser Vitellius bekannt. Dessen Lustbube zankte ständig mit seinem eifersüchtigen Gebieter herum. Einmal gelang ihm die Flucht, er tauchte als Limonadenverkäufer unter, wurde aber wieder aufgegriffen.
Hadrian dagegen verlor seinen Geliebten für immer. Voller Sehnsucht benannte er sogar ein Sternbild nach ihm. Der Rest war Frust und Zerknirschung. „Was ist die Liebe?“, fragt der Herrscher in einem Dialog. Antwort: „Der Verdruss eines Menschen, der wenig zu tun hat; das schlechte Gewissen eines Knaben; die heimliche Aufregung des Mädchens; die Leidenschaft einer Frau; die Brunst eines Mannes; das Sich-lächerlich-Machen eines Alten.“